Dienstag, 24. Dezember 2013

Vorankündigung: Kurse und Artikel im Blog

Hier schon einmal ein paar von meinen Kursen, die für 2014 geplant sind. Zum Teil stehen die Wochenenden noch nicht fest. Infos könnt ihr dann bei mir per EMail anfordern (pferdeosteopathie-lueneburg@gmx.de)


Hof Immenknick, 29392 Wesendorf: 08. und 09. März 2014

VFD, 28857 Syke, 05. und 06. April 2014

Lindenhof Narsdorf, 04657 Narsdorf, Ende April - Anfang Mai 2014

Wenn ihr nähere Informationen möchtet, dann schickt mir eine Email. Ich gebe es dann an die entsprechenden Organisatoren weiter.


Zur Zeit arbeite ich an folgenden Artikeln in diesem Blog. Ihr dürft gespannt sein.
  • Das Gebiss - Materialien, Wirkungsweisen, richtige Verschnallung, usw.
  • der Fesseltrageapparat
  • Biomechanik der Grundgangarten
  • die Wirbelsäule
Ich werde mir Mühe geben, dass ich euch bald wieder was zum lesen anbieten kann.

Bis dahin wünsche ich euch schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Dienstag, 29. Oktober 2013

Osteopathie Tour in den Norden von SH

Ich plane am 30. November eine Tour zur Untersuchung und Behandlung von Pferden in den Norden von Schleswig Holstein.

Wie schon häufiger fahre ich an einem Wochenende in  den Raum Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde, bei Bedarf auch andere Ecken. Gerne könnt ihr euch mit eurem Pferd anmelden. Ihr benögt ca. 1,5 bis 2 Stunden Zeit. Untersucht wird:

  • Überprüfung- Untersuchung der Strukturen (Muskeln, Sehnen usw)
  • Untersuchung der Gelenke auf Bewegungsfunktion
  • Bewegungsanalyse
  • Kontrolle Passform der Ausrüstung
Das Gesamtbild der Untersuchung zusammen mit Haltungsbedingungen, Training usw. wird dann zu einem Ergebnis gebracht. Mögliche Blockierungen werden von mir mit sanften Methoden behandelt, kein Reißen und ähnliches. Ihr bekommt noch Tipps für die weitere Behandlung nach diesem Termin.

Kosten pro Pferd 80 €, bei mehreren Pferden in einem Stall reduziert sich der Preis um 5 € pro Pferd.

Anmeldungen bitte per Email: pferdeosteopathie-lueneburg@gmx.de

Untersuchung Wirbelsäule
Foto: privat
Untersuchung Fesselgelenk
Foto: privat

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Korrektur von Anlehnungsfehlern - Teil 3 - Hinter dem Zügel

Ich hatte euch ja versprochen meine Ansichten zur Korrektur von Anlehnungsfehlern zu erläutern. Hier nun der letzte Teil. Es geht hier um die meiner Meinung nach schwierigste Korrektur von Anlehnungsfehlern, nämlich dem Pferd, das hinter dem Zügel oder eingerollt ist. Diese Pferde habe echte schlechte Erfahrungen gemacht. Entweder sind sie bewusst eng geritten worden oder aus falsch verstandener "Leichtheit" des Zügelkontakts nie korrigiert worden oder der Reiter hat durch grobe Handeinwirkung und Benutzung von Hilfszügeln das Pferd zu einem vermehrten Abknicken im Genick aufgefordert. Durch den Druck auf Zunge, Unterkiefer und Genick entweicht das Pferd nach hinten - unten, mehr oder weniger weit. Es lernt, dass das Gebiss weh tut und man besser nicht die Verbindung sucht.

Bei der Korrektur dieser Pferde müsst ihr euch zuerst folgendes klar machen:

  • der Reiter muss (!!!!!) sich ändern und schulen
  • die Hilfen der Hand müssen fein werden und dürfen niemals mehr rückwärts einwirken
  • ein Schließen der Finger muss sofort (!!!!!) wieder ein Öffnen folgen
  • keine Hilfszügel, egal wo das Problem liegt, ihr werdet es niemals ehrlich mit Hilfszügeln korrigieren. Spart euch das Geld.
  • die Gehfreudigkeit des Pferdes muss wiederhergestellt werden. In der Regel laufen diese Pferde mit Hinterantrieb auf Halbmast
  • jede Bewegung nach hinten - unten muss sofort korrigiert werden

Mein Hannoveraner Willow, genannt Willi, kam mit 4,5 Jahren als nicht mehr reitbar zu mir. Er war ein Jahr unter dem Sattel, wurde aufs fieseste eingerollt und trat nicht mehr an den Zügel heran. Seine Reaktion war ein sofortiges Durchgehen, sobald die Zügel aufgenommen wurden. Er war halt schlau und hat sich gewehrt. Dieser Fall gehört sicherlich mit zu den krassesten, kommt aber doch häufig vor. Am meisten finde ich bei Reitern den Fall, dass das Pferd immer knapp hinter der Senkrechten ist.

Welche Reihenfolge in der Korrektur ist sinnvoll?
1. Das Pferd muss die Nase wieder vor die Senkrechte bekommen und schauen, wo es hinläuft
2. Der Kontakt am Gebiss muss erhalten werden
3. Die Muskeln der oberen Muskelkette müssen aufgebaut werden, die der unteren muss stützen
4. Die Beweglichkeit der Muskeln muss gefördert werden und das Gleichgewicht wieder hergestellt
5. Festigung der Korrektur in allen Lebenslagen

Meine Vorgehensweise
Als ich meinen Hannoveraner bekam, war er so dünn, dass man das Skelett schon gut erkennen konnte. Keine Muskeln da, wo sie hingehören. Einen mächtig verhärteten Unterhals und das wars. Hinzu kommt noch erschwerend, dass er koppt. Du die wenige Muskulatur war Reiten eh nicht das geeignete Mittel. Ich begann also vom Boden. An der Longe habe ich ihn mit Kappzaum gearbeitet, so wie wir das bei Philippe Karl gelernt haben. Über die Biegung konnte ich ihn nach einiger Zeit in eine schöne Dehnungshaltung locken. Aber das größere Problem war ja das Gebiss. Ich benutze für meine Pferde übrigens eine einfach gebrochene Schenkeltrense aus Edelstahl, nicht zu dick. So ein ganz günstiges Gebiss ohne viel Schnick Schnack.

Erste Schritte
Die ersten Einheiten waren erst einmal Gewöhnung an das Gebiss und eine neue Erfahrung der Einwirkung. Willi war zum Glück sehr artig und lieb im Umgang und noch kindlich neugierig. Es war also kein Problem ihm etwas neues zu erklären. Zuerst haben wir die Abkauübungen im Stehen gemacht. Bei dieser Korrektur stehe ich allerdings seitlich neben dem Kopf, lege den äußeren Zügel über das Genick rüber, fasse am inneren Zügel an den Trensenring und habe die Hand des äußeren Zügels auf Höhe Ganasche. Nun führe ich sanft beide Hände zueinander. So wirke ich auf beiden Seiten wieder Richtung Maulwinkel ein und tue dem Pferd nicht weh. Bei der normalen Abkauübung lässt man die Spannung sofort nach, sobald das Pferd im Unterkiefer nachgibt. Bei dieser Korrektur ist es so, dass ich möchte, dass das Pferd im Unterkiefer nachgibt und noch gegen das Gebiss drückt. Ich behalte also die Spannung an beiden Zügeln bei, bis das Pferd einen Ausweg aus dieser nicht ganz so harmonischen Situation sucht. Das stört dem  Pferd ziemlich. Geht das Pferd aber nach evtl. verschiedenen Versuchen in alle möglichen Richtungen endlich nach vorne - unter, dann löse ich sofort etwas die Spannung, behalte den Kontakt aber bei. Kommt es wieder hoch, erhöhe ich wieder die Spannung. Ist eigentlich ganz einfach: Spannung lösen wenn Nase nach vorwärts - abwärts; Spannung erhöhen wenn Nase wieder hoch. Geht das Pferd irgendwann dabei mit der Nase hinter die Senkrechte, so kann meine Hand am Trensenring das sofort durch Bewegung des Gebisses Richtung Oberkiefer/Nüster korrigieren. Das wird jetzt immer wieder im Stand geübt. Zwischendurch sind Pausen selbstverständlich. Hat das Pferd das im Halten verstanden, dann das Ganze im Schritt wiederholen. Da kommen dann sicherlich wieder die ersten Probleme. Aber auch hier gilt beharlich bleiben. Loben durch Nachgeben der Spannung bei vorwärts - abwärts. Ihr könnt euch gebogene Linien zunutze machen. Das Pferd versucht in der Biegung runter zu gehen, da es bequemer ist. Diesen Schritt an der Hand empfehle ich wirklich ausgiebig über mehrere Wochen zu machen! Das Pferd hat Schmerzen in der verspannten Muskulatur der Oberlinie,da diese stark überdehnt und verspannt ist. Kennt ja jeder von euch auch, wenn ihr mal Muskeln dehnt, die sonst eher nicht benutzt werden. Das ist auch der Grund, warum viele in der Dehnung sofort wieder hochkommen. Zusätzlich die Arbeit an der Longe. Hier muss das Pferd in Dehnungshaltung fleißig gehen. Rechnet in den ersten Tagen mit Muskelkater. Sobald das Pferd den Kontakt auf beiden Seiten akzeptiert, könnt ihr den äußeren Zügel anfangen langsam weiter nach hinten Richtung Widerrist zu nehmen und über die Biegung arbeiten. Dazu könnt ihr im Beitrag "Wie erarbeite ich eine korrekte Anlehnung und Beizäumung?" lesen.


Haltung der Hände
Foto: privat


Die Hände folgen nach vorwärts - unten
Foto: privat
und weiter in der Bewegung, hier mit Biegung
Foto: privat


Unter dem Sattel
Als nächsten Schritt erarbeitet man das ganze unter dem Sattel. Ich möchte den Weg, den ich genommen habe hier aber nicht schriftlich niederlegen aus einem einfachen Grund: Ich habe Erfahrung mit dieser Art der schwierigen Korrektur. Man hört ja über Reiter, die nach der gleichen Reitweise wie ich arbeiten, die Reiten ja immer mit hoher Hand. Ja, und das ist bei vielen auch tatsächlich wirklich leider der Fall. Sie haben irgendwo mal ein oder zwei Unterrichtsstunden gehabt, wo dann so korrigiert wurde und dann nicht wieder und wissen nicht wie es weitergeht bzw. haben sich irgendwo was abgeschaut und nachgemacht oder von nichtausgebildeten Trainern mit Halbwissen etwas gesagt bekommen, was nicht korrekt ist. Aber ich sage euch: wir reiten nicht ständig mit hoher Hand! Damit es euch Lesern nicht so geht, erkläre ich euch einen etwas abgemilderten Weg. Wer den direkten Weg gehen will, der kann sich persönlich an mich wenden.

Zu allererst ist unter dem Sattel auch wieder das Problem der Angst des Pferdes. Es verbindet die negative Erfahrung mit dem Idioten oben. Die Anforderungen an den Reiter sind:
  • mitgehende Hände
  • ausbalancierter Sitz
  • keine Angst vor fleißigen Bewegungen
  • schnelle Reaktion
Grundsätzlich wird das Pferd immer wie oben erwähnt an der Hand aufgewärmt. Ihr sitzt auf, nehmt die Zügel auf mit leichter Verbindung. Überlegt euch genau, was ihr als Reaktion vom Pferd wollt und was es macht. Wenn nun die erste Reaktion des Pferdes ein Nachgeben im Genick ist, dann korrigiert ihr es sofort mit einem leichten Vibrieren an beiden Zügeln etwas nach oben, so eine Handbreit reicht meistens schon.Wir möchten folgende Reaktion: das Pferd nimmt den Kontakt an, hebt vielleicht den Kopf oder senkt ihn etwas. Nur darf es niemals das Genick beugen. Das ist nämlich seine Art sich den Zügelhilfen zu entziehen. Genickbeugung wird erst später durch Spannen des äußeren Zügels verlangt und ist in dieser Situation der Korrektur nicht erlaubt. So, ihr habt also leichte Verbindung zum Pferdemaul. Und los geht es im Schritt. Denkt an das folgen der Nickbewegung, sucht so viel wie möglich die Verbindung mit einer weichen folgenden Hand. Haltet die Hände etwas breiter auseinander, so bleibt ihr beweglicher. Jeder Bewegung des Pferdes nach vorne - unten folgen, bei jeder anderen unbedingt die Verbindung zu Gebiss beibehalten. Im Schritt ist es noch am schwierigsten. Ihr haltet dem Pferd das Gebiss sozusagen vors Maul. Jedesmal, wenn es sich durch Genickbeugung entzieht, korrigiert ihr wieder. Achtet auch einen schreitenden Schritt. Das Pferd darf nicht schleichend. Die aktive Hinterhand ist euer Gegenpol zum Kontakt. Wenn es im Schritt schon etwas geht, dann trabt an. Große Linien und geradeaus im Leichttraben, dabei den Oberkörper etwas vorbeugen, dehnt euch auch im Rücken! Die Hände halten weiterhin das Gebiss mit beiden Zügeln vor das Pferdemaul mit leichtem Kontakt. Sollten die Zügel mal durchhängen, weil das Pferd schneller war als ihr, dann korrigiert es einfach wieder. Will das Pferd in irgendeiner Situation sich mehr Strecken, dann erlaubt es auf jeden Fall. Das ist ja unser Ziel. Es soll sich das Gebiss nehmen. Loben mit der Stimme bei jeder guten Idee des Pferdes. Im Trab ist es meist einfacher. Das Pferd hat eine hohe Körperspannung und durch das fleißige Tempo (bitte nicht schleiche lassen) dehnt es auch wieder mehr die Oberlinie. Erarbeitet euch das gründlich im Schritt und Trab und dann macht ihr euch an den Galopp.Bekommt ihr an irgendeiner Stelle Probleme, dann kehrt ihr dahin zurück, wo es geklappt hat. Zur Not auf den Boden.

Noch nicht perfekt aber auf dem Weg.
Hier seht ihr übrigens den festgehaltenen
Unterhals des Friesen
Foto: privat



Hier ist gut die zum Pferdmaul hingeführte
Hand zu erkennen.
Das Gebiss wird dem Pferd hingehalten
Foto: privat

 
Im Trab schon einfacher.
Hier aber wieder knapp mit der Senkrechten.Foto: privat

Haltung des Pferdes
Die Pferde müssen die ganze Zeit in Dehnungshaltung gehen. Erst mit Kräftigung der Oberlinie, darf mit einer leichten Aufrichtung begonnen werden.

Und wie geht es weiter?
Hält das Pferd den Kontakt gut, dann dürft ihr mit dem normalen Weg weitermachen. Es wird dann mit der Biegung gearbeitet. Das habe ich aber in dem Teil "Wie erarbeite ich eine korrekte Anlehnung und Beizäumung" erklärt. Aber vergesst nicht, dieser Fehler ist der hartnäckigste. Es kann wirklich über Jahre gehen, bis das Pferd keine Angst mehr hat. Natürlich gehen in den ersten Monaten die Schritte schneller. Aber zur Perfektion dauert es. Ihr müsst das alte Verhalten, was dem Pferde beigebracht wurde aus seinem Gedächtnis herausradieren und dafür was Neues schaffen. Jeder Fehler des Reiters erinnert das Pferd natürlich an das Problem. Je besser ihr seid, desto schneller lernt das Pferd zu vertrauen. Es ist ein Fehler, der schnell hergestellt wird aber langsam in der Korrektur ist.

Ins rechte Bild gerückt
Ein wichtiger Punkt ist noch die Muskulatur des Unterhalses. Pferde mit diesen Anlehnungsproblemen sind hier extrem verkürzt und entsprechend verspannt. Selbst wenn es die Oberlinie dehnt, dann lässt es unten noch nicht richtig los. Das erkennt ihr gut daran, dass sich die Muskeln unter so kantig/deutlich abzeichnen. Der ganze Hals ist irgendwie ein Bogen. Ihr könnt hier zusätzlich mit Massage eurem Pferd helfen. Für Laien sieht das Pferd toll aus, für den, der richtig schaut wird erkennbar, wie es sich da noch festhält.

www.marion-wiesmann.de



Spannsägenmechanismus

Spannsägenmechanismus
Als Spannsägenmechanis bezeichnet man die Verbindung der nachfolgend genannten 2 Muskeln mit ihren Sehnen: Musculus peroneus tertius (dritter Wadenbeinmuskel) auch M. fibularis tertius genannt und Musculus flexor digitorum superficialis (Muskel der oberflächlichen Beugesehne) am Unterschenkel, also an den Hinterbeinen. Dabei überspannt der sehnige Musculus peroneus tertius die Vorderseite des Hinterbeines von oberhalb des Kniegelenks bis zum Mittelfuß, der Musculus flexor digitorum superficialis die Hinterseite von oberhalb des Kniegelenks bis zum Fersenhöcker am Sprunggelenk. Diese Konstruktion zweier Spanneinrichtungen um eine knöcherne Säule (Unterschenkelknochen) ähnelt der Spannsäge, die wir als Heimwerker benutzen, deshalb diese Bezeichnung.

Durch diese Anordnung werden Knie- und Sprunggelenk in ihrer Bewegungsrichtung gleichgeschaltet, das heißt z. B. eine Beugung des Kniegelenks verursacht immer auch in einer Beugung des Sprunggelenkes. Dies kann aber nur geschehen, wenn die entsprechenden Muskeln des Mechanismus auch funktionieren.
Wer gerade nicht weiß, was eine Spannsäge ist, kann in dem folgenden Link einmal schlau machen:
http://www.feinewerkzeuge.de/gestell.htm

Der Vorteil für das Pferd liegt bei dieser Konstruktion in der weniger benötigten Muskelkraft um das Bein zu bewegen.





Verlauf der Muskeln mit Sehnen des Spannsägenmechanismus
Bild: Abc of the horse, Groning  -  bearbeitet


Montag, 7. Oktober 2013

Die ausgerenkte oder feste Kniescheibe


Probleme mit der Kniescheibe!

Probleme mit der Kniescheibe kommen besonders häufig bei jungen und untrainierten Pferden vor. Vom kurzen "Wegknicken" in der Bewegung bis hin zum absolut blockierten Knie ist da alles möglich. Dabei wird unterschieden zwischen einer luxierten (ausgerenkten, verrenkten, auskugeln) oder fixierten (fesstehenden) Kniescheibe.

Wollen wir erst einmal schauen, wie sich das Knie zusammensetzt.

Knöcherner Aufbau

Das Kniegelenk (lat. Art. Genus) setzt sich zusammen aus dem Oberschenkel (A, Femur), der Kniescheibe (B, Patella) und dem Unterschenkel/Wade (C, Tibia). Es ist ein Gelenk, bei dem die einzelnen Knochen nicht gut zusammenpassen. Deshalb muss es von vielen Bändern stabilisiert werden. Die Kniescheibe wird dabei zwischen einen inneren und äußeren Rollkamm (ähnlich wie ein Fluss, der von 2 Deichen eingefasst ist. Diese Deiche wären wie die Rollkämme) bewegt.
Kniegelenk mit Bändern, Ansicht von vorne
Bilder: ABC of the Horse

 
Oberschenkel (A) mit Kniescheibe (B) auf dem Rollkamm
Quelle: ABC of the horse


Kniegelenk von vorne betrachtet
Foto:Privat


Bänder und Sehnen

Das Kniegelenk ist umspannt von zahlreichen Bändern und Sehnen. Über der Kniescheibe liegt die Endsehne des Muskels quadriceps femoris: Anteil M. rectus femoris. Sie ist mit dem Muskel dafür zuständig, dass die Kniescheibe auf dem Rollkamm des Oberschenkels auf- und abgleiten kann. Auf dem oberen Bild seht ihr etwas in fliederfarben gehalten, die Bänder der vorderen Ansicht. Sie liegen mittig, seitlich außen und seitlich innen um die Kniescheibe und verbinden die einzelnen Knochen und geben ihnen Halt. Bänder sind aufgrund ihres Gewebes nicht besonders dehnbar. Zwischen dem Oberschenkel und dem Unterschenkel puffern 2 Menisken das Kniegelenk.

Muskeln des Knies


Muskeln, die die Beugung verursachen bzw. daran beteiligt sind:

M. gastrocnemius
M. flexor digitorum superficialis (Hilft bei der Beugung)
M. Semitendinosus (auch Strecker)
M. Popliteus (liegt in der Kniekehle)

Muskeln, die die Streckung verursachen bzw. daran beteiligt sind:

M. quadriceps femoris (Muskel bestehend aus 4 einzelnen Muskelanteilen mit eigenem Namen Die Kniescheibe wird von der Endsehne des M. rectus femoris gehalten)
M. gracilis
M. biceps femoris
M. tensor fascie latae
M. Sartorius
M. Semimembranosus
M. Semitendinosus (auch Beuger)

Bei der Beugung müssen die Streckmuskeln entspannen und umgekehrt.

Hier einmal ein Link, wo die einzelnen Muskeln angeklickt werden können. Beschrieben ist die Lage und Funktion der Muskeln.
http://www.tierphysiotherapie-bergheim.de/topo/

Bewegungen des Knie
Das Knie kann gebeugt, gestreckt und fixiert werden.


Was passiert, wenn das Knie sich nicht normal bewegt?


Die fixierte (feststehende) Kniescheibe
Bei der proximalen (nach oben verlagert) Patellafixation hakt sich die Kniescheibe über den Rollkamm fest und löst sich nicht mehr. Das Bein bleibt für einen kurzen oder längeren Moment in der Streckstellung. Das Pferd kann dieses nicht durch Anspannen des M. quadriceps femoris lösen. Dieses Problem kommt häufig bei Pferden vor, bei denen der Trainingszustand der Muskulatur, besonders der M. quadriceps femoris, noch nicht den Anforderungen entspricht. Heißt: es wurde zu viel oder zu lange etwas verlangt und der Muskel ermüdet. Dadurch wird die Funktion des Auf- und Abrollens der Kniescheibe behindert. Der Muskel spannt sich nicht mehr an. Hier ist ein angepasstes Training notwendig sowie ein Aufbau des Muskels. Der Reiter kann es durch ein plötzliches, häufig ganz kurzes, wegsacken der Hinterhand spüren. Viele vermuten dahinter immer ein stolpern. Das ist es aber nicht. Die Behandlung bei einer längeren oder häufigen Fixation sollte unbedingt von einem Fachmann gemacht werden und muss durch ein entsprechenden Training der Muskeln und z. B. manuelle Unterstützung durch z. B. Massagen ergänzt werden. Eine vermehrtes Einsitzen des Reiters sollte erst einmal vermieden werden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass im Moment des Übergangs in eine langsamere Gangart ein kurzes Entlasten aus dem Sattel, das Einknicken weitgehend verhindert oder minimiert. Bei jungen und untrainierten Pferden ist es häufig nicht vermeidbar. Sobald das Problem auftaucht, muss das Training angepasst werden. Ein weiterer Grund für eine Fehlfunktion der Muskeln kann auch eine "Blockierung" der Lendenwirbel sein, an denen der Nerv ( N. femoralis), der für die Versorgung des Muskels zuständig ist, herauskommt. Auch dann bekommt der Muskel falsche Signale zugefunkt und arbeitet nicht mehr richtig. Schaut bei dieser Gelegenheit vielleicht noch einmal in dem Post "Nervensystem und Propriozeption" und "Das Muskelsystem". Ein ausgebildeter Osteopath oder Chiropraktiker kann euch auch hier sicherlich helfen.

M. quadriceps femoris, Teil M. rectus femoris
Bildquelle: ABC of the horse




Die luxierte Kniescheibe

Eine Luxation ist ein vollständiger oder unvollständiger (Subluxation)  Kontaktverlust gelenkbildender Knochenenden. Dabei werden die beteiligten Knochen vorübergehend oder dauerhaft in einer Fehlstellung gehalten. Als luxierter Knochen wird immer der körperfernere Knochen bezeichnet. Die Luxation stellt grundsätzlich eine schwere Schädigung eines Gelenkes dar. Beteiligte Knochen am Knie sind der Unterschenkel und die Kniescheibe. Der körperfernere Knochen ist dabei die Kniescheibe.
Die Luxation kann durch ein Trauma, z. B. Sturz, geschehen oder angeboren sein. Bei dem Trauma kann die Kniescheibe durch Fachtherapeuten wieder in ihre ursprüngliche Position zurückgebracht werden. Kennt vielleicht der eine oder andere auch als ausgekugelte Schulter beim Menschen.
Bei einer angeborenen Luxation dauert die Behandlung schon länger und ist nicht immer heilbar. Die angeborene Luxation kann durch eine Fehlbildung des Gelenks entstehen. Diese kann seit der Geburt oder während des Wachstum entstehen. Die Fehlbildung wird in der Medizin als Dysplasie bezeichnet. Bei Shetland Ponys kommt dieses als Erbkrankheit vor. Dabei verlagert sich die Kniescheibe seitlich. Hier liegt es an einer Fehlbildung des äußeren Rollkamm, der zu flach ist.
Die Luxation kann bei Schädigungen des Gelenks chronisch werden. Auslöser dafür sind z.B. Arthritis mit Zerstörung der Bänder. Dabei sind meist zuerst Subluxationen zu beobachten, die später in vollständigen Luxationen übergehen. Hier ist eine dauerhafte Behandlung leider nicht möglich, da durch die Erkrankung des Gewebes die Kniescheibe immer wieder luxiert.
Bei einer chronischen oder angeborenen Luxation ist die Absprache mit dem Tierarzt notwendig. Hier ist ein operativer Eingriff zum Teil möglich. Dabei werden die entsprechenden Gewebe gestrafft oder auch durchtrennt. Im Anschluss ist auch hier ein entsprechender Aufbau der umgebenden Muskulatur notwendig. Diese ist häufig verkümmert.

Vorbeugung
Angemessenes Training ist auch hier einmal wieder die wichtigste Methode der Vorbeugung. Das junge oder länger pausierte Pferd langsam im Training steigern. Pferde mit einer Erbkrankheit sollten nicht in der Zucht eingesetzt werden!

Alle Bilder stammen aus dem Fachbuch "ABC of the horse" von Pauli Gronberg

www.marion-wiesmann.de 

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Vortrag Pferdefütterung mit Dr. rer. nat. Christina Fritz

Ich konnte Frau Dr. Christina Fritz für einen Fütterungsvortrag gewinnen. Sie ist die Autorin des Buches "Pferde fit füttern". Ich habe den Vortrag bereits im letzten Jahr gehört und kann ihn sehr empfehlen. Es geht hier nicht um Rationsberechnung usw. sondern wirklich ums "Eingemachte".



Vortrag: Pferde richtig füttern
mit Dr. rer. nat. Christina Fritz


Christina Fritz ist promovierte Naturwissenschaftlerin. Sie ist Biologin mit Schwerpunkt Tierphysiologie, unabhängige Fütterungsexpertin, Pferdekinesiologin und -osteopathin und beschäftigt sich intensiv mit alternativen Gesundheitskonzepten und Stoffwechselkrankheiten bei Pferden. 

Autorin des Buches: «Pferde fit Füttern» siehe Bild links




Liebe(r) Pferdefreund / In!
Bei der Verdauung unserer Pferde gibt es einige Besonderheiten, die sich von anderen Säugetieren –inklusive uns Menschen –drastisch unterscheiden.
Nur ein richtig gefüttertes Pferd kann gesund bleiben und dem Menschen seine Leistungsbereitschaft anbieten.
Zum Beispiel haben Pferde keine Gallenblase -oder -Pferde produzieren Vitamin C im Gegensatz zu Menschen selber. Schon diese Unterschiede haben große Auswirkungen auf die Fütterung und das Wohlbefinden unserer Pferde.
Nur ein richtig gefüttertes Pferd kann gesund bleiben und dem Menschen seine Leistungsbereitschaft anbieten.

Themen des Seminars:
In diesem Seminar bekommst du fundierte Antworten über Vor- und Nachteile verschiedener Futtermittel, was du wann problemlos füttern kannst oder was keinesfalls in die Futterkrippe gehört:

·          Verdauungsapparat des Pferdes
·          Besonderheiten Pferd in Bezug auf Fütterung
·          Do's and don'ts der Pferdefütterung

Müsli oder Pellets? Oder doch Hafer -oder eher Gerste? Aber Hafer «sticht doch? Und muss ich jetzt noch Mineral dazu geben oder nicht?» - All das sind Fragen, die jeden Pferdehalter immer wieder beschäftigen. Wie füttere ich mein Pferd optimal bezogen auf seine Rasse, sein Alter und seine Arbeitsanforderungen?

Weitere Themen:
·          Welche Gefahren verbergen sich hinter Bananenfütterung?
·          Einsatz von EM-A und Bokashi
·          Grasbäuche, "Was passiert, wenn man Robustpferden und Arabern Hafer füttert"
·          Was passiert, wenn ich zu viel oder zu wenig Kraftfutter füttere?
·          Warum nur wenige Karotten / Äpfel geben
·          Warum verursacht Brotfütterung Magenentzündungen
·          Was bedeuten Hungerpausen von mehr als 4 Stunden für ein Pferd
·          Was sind die Anzeichen bzw. Krankheiten die durch falsche Fütterung entstehen
·          Warum kommen Krankheiten oft erst nach Jahren falscher Fütterung zum Vorschein und vieles, vieles mehr.

Der Vortrag richtet sich an alle Pferdehalter und Reiter, sowie an Stallbetreiber, Hufschmiede, Tierärzte und Therapeuten, die ihr Wissen über Pferdefütterung erweitern wollen.
Nach dem Vortrag steht Dr. Christina Fritz für Fragen zur Verfügung, wenn diese noch nicht beantwortet wurden.

 
Datum
Mittwoch, 06. November 2013

Uhrzeit:
18:00 Uhr

Dauer
3 bis 4 Stunden mit anschliessender Diskussion/Fragen (Powerpoint)

Ort:
Landgasthaus Karze, 21354 Bleckede OT Karze, Am Rotdorn 2, Tel. 05852/2612
Wer Essen möchte, der kann auch früher kommen. Die haben bisher immer eine recht gute Küche gehabt.http://www.landgasthof-karze.de

Kosten:
25,00 €inkl. Skript

Mitbringen:
event. Schreibzeug, Papier, Futterdeklarationen

Teilnehmerzahl :
mind. 20 Personen

Anmeldung : Keine Anmeldung mehr möglich!
per Email an Marion Wiesmann

Email:

Bei der Anmeldung bitte alle Namen, Vorname E-Mails, von Dir verbindlich angemeldeter Personen angeben.
Die Plätze sind beschränkt und werden nach Eingang behandelt

Bitte melde Dich nur zum Vortrag an, wenn Du auch wirklich Zeit hast und kommen wirst -DANKE!

Ihr könnt mir gerne in der Email schreiben, wenn ich euch die Ausschreibung als Datei mailen soll. Dann könnt ihr sie in eurem Stall aufhängen.

Montag, 19. August 2013

Das trageerschöpfte Pferd

Heute möchte ich euch einmal das "trageerschöpfte" Pferd vorstellen.

Die Trageerschöpfung ist ein physiologischer Zustand der Körpers unseres Pferdes. Früher eher unbekannt, gewinnt dieser Zustand an zunehmender Bedeutung in der heutigen Welt. Dabei ist es unabhängig davon, in welcher Reitweise oder in welcher Disziplin das Pferd trainiert und genutzt wird. Die Trageerschöpfung zieht sich vom Sportreiter bis über den anspruchsvollen Freizeitreiter, Fahrer und den Wald- und Wiesen Ausreitfreund. Die Ursache liegt immer in der Nutzung des Pferdes und den äußeren Einflüssen. Schuld ist dabei wieder einmal mehr der Mensch mit seiner Unwissenheit und Dummheit. Bei Pferdeuntersuchungen bin ich schon häufig auf Pferden mit Symptomen der Trageschöpfung gestossen.

Ursachen
Die Trageerschöpfung kommt nicht von heute auf morgen. Sie ist ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum anbahnt. Häufig werden die ersten Anzeichen nicht erkannt. Der Körper hilft sich zu Beginn noch selbst und kompensiert die Probleme.

Häufige Ursachen für eine Trageerschöpfung sind z.B.:
  • zu langes Reiten bei ungenügendem Trainingszustand (z. B. auch nach Pausen wie Krankheit oder Urlaub des Reiters)
  • zu schwerer Reiter
  • zu starke Belastung bei ungenügendem Trainingszustand (z. B. viel Springen, wenn das Pferd es nicht gewohnt ist, weil man plötzlich für eine Springprüfung vorbereiten muss)
  • unpassende Ausrüstung
  • Schmerzen, die länger andauern oder sehr häufig sind z. B. bei wiederkehrender Hufrehe
  • zu viel "auf der Bremse" getreten - ständiger Zügelzug, kein oder wenig frischer Galopp
  • Sitzfehler
  • fehlende Korrektur von Gleichgewichtsproblemen, natürliche Schiefe usw.
  • Fehler im Management (Hufe, Haltung (auch Offenstall!!!!), Fütterung usw.)
  • Betriebsblindheit beim Menschen: der nicht in der Lage ist, Anzeichen für Schmerzäußerung zu erkennen und lieber die Zickigkeit und Unwilligkeit des Pferdes dafür verantwortlich macht. Auch das Annehmen von "Hilfe" bei anderen mit Halbwissen herumlaufenden Pferdemenschen unterstützen das ganze Problem noch zusätzlich. Und auch das rigorose Ablehnen von theoretischen Wissen, was so mancher Pferdemensch für sich beherzigt, ist ein wichtiger Faktor.
  • äußere Einflüsse wie z. B. Stürze mit einhergehenden u. a. muskulären Veränderungen
Und noch viele mehr!

Die Symptome

Wie schon erwähnt, beginnt die Trageerschöpfung schleichend. Die ersten Anzeichen sind oft:

  • Kuhlen hinter dem Widerrist in der Sattellage
  • ein abgesackter Brustkorb
  • aufgewölbte Lendenwirbelsäule - wie Karpenfrücken
  • Kuhle am Kreuzbein
  • unterhalb vom Brustkorb ist auf beiden Seiten ein harter Strang zu erfühlen, die verspannte Bauchmuskulatur. Ist euer Pferd vielleicht "kitzelig"? Oder tut es in Wirklichkeit so weh, dass es deshalb die Ohren anlegt.......
  • verstärkte Muskulatur an der Vorhand, diese trägt mehr Last
  • die "Hosenmuskulatur" links und rechts neben der Schweifrübe, an den Hinterbeinen entlang, ist dicker und auffälliger. Sie sind häufig total verhärtet.
Auffälligkeiten beim Reiten

Natürlich merkt man auch in der Bewegung, dass etwas nicht stimmt.
  • stolpern
  • lustlose Bewegungen. Häufig passen die Grundgangarten in der Qualität nicht zum Exterieur.
  • schwere Atmung, Kurzatmigkeit, häufiges Husten besonders im Trab und Galopp
  • keine oder verminderte Schub- und Tragkraft
  • Pferd läuft bergab
  • Schwierigkeiten in der Biegung und Dehnungshaltung 
Das sind nur einige Anzeichen, die wir im Anfangsstadium wahrnehmen können.


deutlich zu erkennen: Aufgewölbte Lendenwirbelsäule, stämmige Vorhand, abgesackter Brustkorb

Was kann man dagegen tun?

In aller erster Linie muss die Ursache möglichst sofort abgestellt werden. Natürlich kann ein Reiter nicht von heute auf morgen 20 kg abnehmen, wenn er zu schwer für sein Pony ist. Aber man kann dann zumindest das Reiten solange einstellen. Was auch für alle anderen Ursacher zuerst gilt. Das Pferd ist in diesem Zustand nicht mehr in der Lage, den Reiter zu tragen! Alles andere lässt sich schnell ändern. Eventuell muss der Reiter auf einigen Komfort verzichten wie z. B. den Stall um die Ecke oder den bequemen Westernsattel, wenn dieser aber viel zu lang oder zu eng ist. Dann braucht ihr fundierte professionelle Hilfe beim Wiederaufbau des Trainings und entsprechenden Behandlungen. Bitte nicht die Ritsch-Ratsch Knochenbrecher zur Hilfe herbeiziehen. Wer nicht weiß warum, liest bitte noch einmal den Beitrag über das Nervensystem. Achtet aber bei der Auswahl der Fachleute darauf, dass diese sich wirklich damit auskennen. Nicht jeder Trainer oder Gesundheitsspezialist weiß, was eine Trageerschöpfung ist. Reiten ist da eh erst einmal nicht angesagt. Die Blockierungen müssen gelockert werden, die Muskulatur wieder korrekt arbeiten und aufgebaut werden. Ein fundierter Trainingsplan für die nächsten Monate muss entwickelt werden. Das Management (Hufe, Haltung usw) muss optimiert werden.

Alternativen???
Ja gibt es: Ein neues Pferd kaufen und das kaputte an einen Fachmann oder Pferdefreund verschenken.


Mittwoch, 19. Juni 2013

Kurs in 29392 Wesendorf

Kurs in 29392 Wesendorf, Hof Immenknick

06. und 07. Juli mit mir

noch 2 Plätze frei

Angebot: Reiten, Doppellonge und Langzügel
Theorie: Biomechanik der Wirbelsäule

Bei Interesse bitte Mail an: ecuyer99@aol.com
Ich schicke dann die Unterlagen zu.

Trainingsbedingte Lahmheiten

Bei immer wiederkehrenden Lahmheiten sollte der Reiter hellhörig werden. Trainingsbedingte Lahmheiten entstehen z. B. bei:
  • ungenügendem Aufwärmen
  • Tempo ist nicht dem Gleichgewicht angepasst - natürliche Schiefe (!)
  • Überlastung der Muskulatur
Die unangenehmen Kräfte, die auf den Pferdekörper einwirken und zu Lahmheiten führen können sind hauptsächlich die Fliehkraft und die Scherkraft. Besonders beim Reiten auf gebogenen Linien oder Longieren kommen diese Kräfte bei einem unausbalanciertem Pferd negativ zum Tragen. Je höher dabei das Tempo bzw. die Gangart, desto schlimmer.

Fliehkraft
Sie wird auch Schwungkraft oder Zentrifugalkraft genannt. Sie beruht auf die Trägheit der Masse und ist nach aussen gerichtet. Das bedeutet, die Masse des Körpers wird nach aussen der bewegten Linie gezogen. Die Kraft wird senkrecht zur bewegten Linie gerichtet. Senkrecht ist ja inzwischen bekannt, bedeutet im rechten Winkel zu einer Linie. Für das Pferd macht sich diese Kraft hauptsächlich beim Longieren auf gebogenen Linien bemerkbar. Je höher dabei das Tempo, desto höher die Fliehkraft.

Scherkraft
Die Scherkraft ist die Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft. Die Scherachse wird durch eine verkürzte Muskulatur fixiert. Das Pferd dreht sich mit der Hinterhand um das Stützbein der Vorhand herum. Das Bein der Vorhand wird dabei den Scherkräften ausgesetzt. Die Gelenke verdrehen sich ineinander.


Um zu verstehen, warum überlastete Muskeln zu Lahmheiten und Sehnenproblemen führen können muss man Wissen, dass ein Muskel immer mit einer Sehne an den Knochen ansetzt. Im Bereich der Gliedmaßen sind diese Endsehnen sehr lang. Die Muskeln reichen lediglich bis zum Karpalgelenk (Vorderfusswurzelgelenk) und Tarsalgelenk (Sprunggelenk). Von da an abwärts gehen die langen Sehnen an die entsprechenden Knochen. Ihr kennt die Sehnen z.B. als oberflächliche oder tiefe Beugesehnen.

Läuft das Pferd nun immer wieder mit einer verspannten Muskulatur, dann kann diese bei Unebenheiten oder anderen zusätzlichen Belastungen nicht mehr genug nachgeben. Die Belastung geht dann, vereinfacht gesagt, direkt auf die Sehne. Sehnen sind aber längst nicht so dehnbar wie Muskeln. In diesen Sehnen befinden sich wiederum viele Rezeptoren, die Reize an die Nerven melden. Kommt es zu einer immer wiederkehrenden Reizung oder Belastung, dann entzündet sich die Sehne oder die Sehnenscheide. Wird die Ursache nicht erkannt, z.B. ständiges Longieren in überhöhtem Tempo auf dem Kreis, dann bilden sich chronische Lahmheiten.

Pferde, die nicht richtig ausbalanciert sind und noch Probleme mit ihrer natürlichen Schiefe haben, sind hier besonders betroffen.

Eine genügend lange Aufwärmzeit mit vielen gebogenen Linien ist für die richtige Funktion der Gelenke besonders wichtig. Hier sollte je nach Alter, Haltungsbedingungen, Trainingszustand usw. mindestens 15 Minuten Schrittarbeit vorweg sein.

Zeigen Pferde also immer wieder aufkommende Lahmheiten, dann sollte der Reiter das Training einmal genau unter die Lupe nehmen. Bei jungen und unausbalancierten Pferden muss zu Beginn auf ein ruhiges Tempo auf großen Linien geachtet werden. Dabei sollte der gesamte Platz genutzt werden und auch an der Longe zwischen geraden und gebogenen Linien gewechselt werden. Die Balance lernt das Pferd am besten durch eine ständige Veränderung und nicht durch kilometerlanges Laufen auf dem Kreis. Der Reiter ist verpflichtet, aktiv das Ausbalancieren zu unterstützen. An der Longe kann man sehr gut die Schultern nach aussen schicken. Unter dem Sattel könnt ihr den angelegten und den seitwärts weisenden Zügel nutzen.

Freitag, 10. Mai 2013

Hufbalance

Die korrekte Balance des Hufes ist bedeutungsvoll für das gesamte Pferd. Der Spruch "Ohne Huf kein Pferd" ist nicht nur dahingesagt worden sondern ist eine ernstzunehmende Aussage. Die korrekte Balance eines Hufes läßt sich an einfachen Linien feststellen. Es gibt 2 wichtige Linien:

1. mediolaterale Balance
Die Stellung der Innen- und Ausßenseite des Hufes von vorne betrachtet. Zu allererst achtet man darauf, dass alle Gelenke in einer Höhe sind. Dabei muss das Pferd auf ebenen Boden stehen. Dann zieht man eine gedachte parallele Linie zum Boden auf Höhe folgender Gelenke: Vorderfußwurzelgelenk, Fesselgelenk. Eine weitere parallele Linie zum Boden soll zur tragenden Fußungsfläche des Hufes im rechten Winkel (90°) stehen. Eine weitere Linie ist die Senkrechte durch die Mitte des Röhrbeins, des Fesselgelenk und Vorderfußwurzelgelenk. Diese Linie soll die Mitte der Hufkapsel genau treffen. Häufig findet man hier eine steilere und eine breitere Hufwand. Diese sind ein Zeichen von ungleicher Belastung. Die steilere Hufwand hat mehr Druck. Erkrankungen, die durch eine fehlerhafte mediolaterale Balance entstehen sind z.B. Gelenkerkrankungen, Chipfrakturen der Gelenke und Brücke der Sesambeine sowie Entzündungen im Gewebe. Die unteren Gelenke sind sog. Scharniergelenke. Eine falsche mediolaterale Balance verhindert die gleichmäßige Beweglichkeit dieser Gelenke. Sie gleiten nicht mehr richtig ineinander. Es gibt meist einseitig mehr Druck und somit frühzeitigen Verschleiß.

2. dorsopalmare Hufbalance- Huf-Fesselachse
Die Stellung des Hufes wird von der Seite betrachtet. Eine gedachte diagonale Linie durch den Drehpunkt von Fessel-, Kron- und Hufgelenk soll gerade verlaufen. Sie führt direkt durch die Mitte der Gelenke. Eine senkrechte gedachte Linie vom Drehpunkt des Fesselgelenk soll den hinteren tragenden Teil der Trachten berühren. Wo diese Linie auf den Boden fällt, soll der Huf am Boden enden. Eine weitere senkrechte Linie geht vom Drehpunkt des Hufgelenk zur Mitte der Fußungsfläche des Hufes. Die Hufvorderwand und die hintere Trachtenwand muss parallel sein.
Um diese Balanceachse festzustellen muss das Pferd auf allen Hufen gleichmäßig stehen. Der Untergrund muss eben sein. Ihr müßt die tatsächlichen Drehpunkte finden. Ihr streicht beim Fesselgelenk mit den Fingern am breitesten Teil des Röhrbein nach unten runter. Jeweils mit einem Finger innen und mit einem außen.. Wenn ihr das Gelenk der Fessel habt, also da, wo die Knochen das tatsächliche Gelenk bilden, habt ihr den Drehpunkt vom Fesselgelenk. Das Hufbein sitzt leider in der Hufkapsel und kann nicht ertastet werden. Diese Hufbalancelinien sind häufig nicht korrekt.

Quelle: Hufbalance . Williams, Deacon

Auswirkungen
Häufig findet man zu flache Trachten in Verbindung mit langen Zehen. Warum auch immer das nicht von den Schmieden korrigiert wird?

Wenn die Trachten nicht in der korrekten Position sind, dann verliert das Pferd das Gleichgewicht. Es muss sich anders hinstellen und verändert durch das geänderte Abrollen auch sein Gangbild. Durch das veränderte Stehen bekommt das Pferd massive Probleme in der Muskulatur und des Sehnen. Die Trachten können ihre Funktion nicht erfüllen und stützen die Fessel nicht mehr von unten. Schäden an den Beugesehnen sind die Folgen. Wird die Ursache der falschen Hufbalance dabei nicht wahrgenommen, bleibt eine ständige Lahmheit als Folge. Weiter kompensiert die Muskulatur die Auswirkungen bis in den Rücken hinein. Auf der folgenden Zeichungen könnt ihr die Spannungszustände der Kompensation erkennen. In Pfeilrichtung muss der Körper gegenziehen.
Quelle: Hufbalance - Williams und Deacon
Lange Zehe und niedrige Trachten



Wenn ihr also immer wiederkehrende Lahmheiten bei euren Pferden habt oder die Bewegung ungewöhnlich ist und nicht zum guten Exterieur paßt, dann macht euch doch mal ein Bild von den Hufbalance eures Pferdes.

Für alle, die sich gerne näher Informieren möchten empfehle ich das Buch "Hufbalance" von Gail Williams und Martin Deacon aus dem Cadmos Verlag. ISBN 978-383031009-3

Dienstag, 19. März 2013

Der Schultergürtel

Die Vorderbeine des Pferdes sind nicht wie bei uns über einen Knochen (Schlüsselbein) am Rumpf befestigt. Das Schulterblatt liegt neben dem Pferdekörper. Die Befestigung wird durch Muskeln, Sehnen und Bänder erledigt. Der Rumpf ist wie eine Art Hängematte zwischen Schultern und Oberarm eingebettet. Diese Anheftung bezeichnet man als Schultergürtel. Durch diese Konstruktion ist der Schultergürtel sehr beweglich in der Vorwärtsbewegung und dient als Stoßdämpfer.

Schulterregion Mensch
Quelle: Wikipedia

Anheftung Vorderbein an den Rumpf
aus: Denoix/Pailloux: Physiotherapie und Massage bei Pferden



Die Anheftung der Vorderbeine zieht zum einen Teil vom Brustkorb mit Rippen, Brustbein und Brustwirbeln zu den Knochen von Schulterblatt und Oberarm. Sie liegt sozusagen auf der Innenseite und Außenseite des Beines und heftet sich dann an den entsprechenden Stellen vom Rumpf an. Ein weiterer Teil führt zu den Halswirbeln und zum Kopf. Die Muskeln sind der Gliedmaßenmuskulatur von außen aufgelagert. Sie bilden somit auch zum Teil das äußere Exterieurbild des Pferdes in der Region Schulter/Brust. Ihr könnt zu der Anheftung auch noch mal im Beitrag über das Muskelsystem nachlesen. Im folgenden werde ich die beteiligten Muskeln auflisten:

Oberflächliche Schicht
M. Trapezius - Trapezmuskel/Kappenmuskel - Anheftung vom Schulterblatt zu den Hals- und Brustwirbeln
M. Omotransversarius -   - Anheftung von den Halswirbeln zum Schulterblatt und Oberarm
M. Brachiocephalicus - Arm-Kopfmuskel - Anheftung vom Oberarm zum Schläfenbein
M. Latissimus Dorsi - Breiter Rückenmuskel - vom Oberarm zum Widerrist bis letzte Lendenwirbel
M. pectorales Superficialis - oberflächlicher Brustmuskel - vom Unterarm zum Brustbein

Tiefe Schicht
M. Rhomboideus -  Rautenmuskel  - vom oberen Schulterblattrand zu den Hals- und Brustwirbeln bis Ende Widerrist
M. Serratus Ventralis -   - vom oberen Rand des Schulterblatt zu den Halswirbeln und den ersten 8-9 Rippen
M. Pectorales Profundus - tiefer Brustmuskel - vom Oberarm bis zum Brustbein und der 4. - 9. Rippe
M. Subclavius - Unterschulterblattmuskel - über einen Schulterblattmuskel und einer Faszie der Schultergegend zum Brustbein und der 1. - 4. Rippe

Ansicht der Skelettbestandteile von vorne
Foto: Privat


Funktion und Dysfunktion der Schultergürtelmuskeln
Sind die Muskeln des Schultergürtels locker, dann sind sie sehr gut in der Lage Stöße des Rumpfes auf die Gliedmaßen abfangen. Eine verspannte Muskulatur ist dazu nicht mehr in der Lage. Die Stöße werden direkt auf die Gelenke und Muskeln der Vordergliedmaße übertragen. Dadurch wird die Belastung der Knochen, Sehnen und Bänder erhöht. Gesundheitliche Probleme sind die Folgen. Neben der Funktion als Träger der Schultergliedmaße und des Rumpfes sind die Muskeln auch an der Bewegung der Gliedmaße beteiligt. Sie bewegen die knöchernden Anteile der Gliedmaße an denen sie befestigt sind nach vorne, zurück und zur Seite. Sie beugen und strecken dabei die Gelenke. Die Muskeln, die zu den Halswirbeln ziehen sind auch an dem Heben und Senken von Kopf und Hals sowie Seitwärtsbiegung beteiligt. Sind die Muskeln verspannt, dann hat das Auswirkungen auf die Qualität der Bewegung. Wenn wir uns nun wieder an die Kettenreaktionen bei Problemen erinnern, dann kann man sich schon vorstellen, was das wieder für Auswirkungen auf den gesamten Körper hat.
Beispiele:
  • eingeschränktes Vorführen der Gliedmaße bei verspanntem Trapezmuskel
  • Wegdrücken des Rückens bei verspanntem latissimus dorsi
Bei einem Sturz oder einer längeren einseitig stärkeren Belastung einer Gliedmaße (z.B. mangelnde Geraderichtung, Aufsteigen immer von einer Seite ohne Aufsteighilfe) kommt es zu einer einseitigen Anspannung der Schultergürtelmuskulatur. Nun stellt euch das einmal bildlich vor. Die Muskeln der einen Seite spannen mehr an. Dadurch ziehen sie den Brustkorb zu dem Vorderbein herüber. Je nachdem welche Muskeln stärker betroffen sind, kann der Brustkorb dabei auch noch rotieren (drehen). Durch dieses einseitige Ziehen verschiebt sich die Wirbelsäule des Pferdes. Das Pferd ist nicht mehr in der Lage geradegerichtet zu laufen. Die gesamte Muskulatur zur hohlgebogenen Seite verkürzt sich. Das Problem weitet sich dann über die gesamte Wirbelsäule aus. Folgen sind u.a.:
  • Beckenschiefstand
  • einseite Blockierung des Kiefergelenkes, Atlas usw.
  • einseitige Überlastung der Gliedmaßen vorne und hinten
  • Blockierungen in den Zwischenwirbelgelenken
  • verstärkte einseitige Schultermuskulatur
  • schief sitzender Reiter
  • schiefer Sattel
Ist die Muskulatur nicht kräftig genug, kann sie die Stabilisierung des Rumpfes nicht korrekt gewährleisten. Dann sackt der Übergang zwischen Hals- und Brustwirbel nach unten ab. Gut an einer "tief" hängenden Brust des Pferdes zu erkennen. Hier gilt es schnellstmöglich wieder die Muskeln zu kräftigen. Durch diese Fehlhaltung kommt es schnell zu einem Problem an den Dornfortsätzen des Widerrist und ein mangelndes Aufwölben des Rückens. Diese Pferde haben auch häufig eine schwache Galoppade in der Vorhandbewegung, einen Axthieb, stolpern gerne mal und tragen sich nicht richtig.

ehemaliges Rollkurpferd und Kopper
tiefe Brust und leichter Axthieb
Foto: privat
 
Training des Schultergürtels
Die gesamte Muskelgruppe kann sehr gut über die Seitengänge und Längsbiegung trainiert werden. Gerade bei Springpferden wird der Schultergürtel stark beansprucht. Für diese Pferde ist eine gymnastizierende Arbeit daher besonders wichtig.
Als zusätzliche Maßnahmen empfehle ich die Massage der Muskeln. Eine besonders effektive Übung ist auch die Widerristschaukel. Dabei stellt ihr euch neben einem Vorderbein mit Blick nach vorne. Mit einer Hand fast ihr oben auf den Widerrist und bewegt diesem ganz langsam zu euch rüber und in die entgegengesetzte Richtung. Dabei nur so viel herübernehmen, dass das Pferde nur die Fesselgelenke mehr beugt und streckt. Wenn es den Huf vom Boden nimmt, ist es zuviel. Durch diese Übung löst ihr Verklebungen in der Muskulatur und sorgt für ein leichtes An- und Abspannen.

Sollten Probleme länger bestehen bleiben, empfehle ich euch unbedingt die Hilfe eines Pferdeosteopathen zu suchen!

Wie korrigiert man Anlehnungsfehler? Teil 2 - Gegen die Hand

Ich möchte euch meinen Weg zeigen, wie ich bei Pferden Probleme in der Anlehnung korrigiere. Zusätzlich ist es mir wichtig, dass ihr den ganzheitlichen Zusammenhang erfahrt. Das wird meiner Meinung nach häufig auch von Fachleuten nicht erklärt oder nicht erkannt. Beim Schreiben habe ich schon wieder festgestellt, dass ich auch die Korrekturen teilen muss. Es wird also noch einen Teil für Pferde geben, die sich nach hinten entziehen.

Grundsätzliche Überlegungen zu "Korrekturpferden"
Als Reiter muss man sich bewusst machen, dass es nicht sinnvoll ist, dem Pferd Fehler beizubringen oder eine falsche Haltung erst einmal zu tolerieren. Jede Bewegung wird im Gedächtnis des Pferdes abgespeichert. Wird diese nicht korrigiert, dann ist es für das Pferd normal. Es lernt! Anlehnungsfehler entstehen durch ein falsch aufgenommenes Verständnis für die Hilfen, grobe Einwirkung des Reiters, Schmerzen, mangelnde Ausbildung und Muskulatur, unpassende und defekte Ausrüstung usw. Die Ursachen müssen abgestellt werden und das Pferd muss neu "programmiert" werden. "Programmiert" bedeutet in dem Fall, die alte Reaktion löschen und eine neue Reaktion speichern. Das kann je nach Geschick des Reiters viele viele Monate dauern. Jedes Mal, wenn der alte Fehler nicht korrigiert wird oder die Ursache wieder erscheint, dann machen wir Rückschritte oder kommen nicht voran. Das bedeutet für den Reiter, dass er sehr pingelig sein muss. Wenn ihr es schafft, schon im Ansatz des Fehlers einzugreifen, dann könnt ihr schneller erfolgreich werden.

Alle Anlehnungsfehler, die durch falsche und mangelnde Ausbildung, grobe Einwirkung und Schmerzen durch harte Einwirkung verursacht werden, sollten nach meiner Erfahrung zuerst vom Boden korrigiert werden. Hier hat das Pferd im Normalfall keine schlechten Erfahrung gemacht. Ihr habt das Pferd als Ganzes im Blick. Um etwas zu ändern, müßt ihr euch selber dem Fehler stellen. In diesen Fällen habt ihr den Mist selber direkt verbockt bzw. jemand, dem ihr das Pferd anvertraut habt bzw. Vorbesitzer. Auch wenn es am eigenen Ego kratzt, es ist aber so. Fehler sind menschlich, müssen aber eingestanden werden. Sonst braucht ihr mit der Korrektur gar nicht weitermachen. Am einfachsten ist es, wenn ihr anfangt euren eigenen Horizont zu erweitern und euch kritischer mit dem Reiten auseinandersetzt. In jedem Stall und im reiterlichen Freundeskreis gibt es Reiter, die immer alles besser wissen und euch mit ihrem Halbwissen unterstützen möchten. Kann ja auch sein, dass sie wirklich gute Tipps haben. Aber schaut euch ganz objektiv diese Leute an. Wie sind ihre Pferde ausgebildet? Wie gehen sie mit ihnen um? Daran könnt ihr die Spreu vom Weizen trennen. Ich bin ja selber auch viel bei Facebook unterwegs und stoße immer wieder auf Bilder mit Pferden, die eben nicht korrekt ausgebildet scheinen. Als Ausrede gilt immer die so genannte Momentaufnahme des Bildes. Das ist für mich nicht gültig. Warum stellt jemand absichtlich ein Bild ins Internet, dass Pferd und Reiter schlecht darstellt. Vielmehr sehe ich da eine gehörige Portion Betriebsblindheit bei vielen.

Ich werde die Korrekturideen in 2 Bereiche unterteilen. Zum einen die Pferde, die gegen die Hand gehen und sich nach oben herausheben und zum zweiten die Pferde, die sich rückwärts entziehen. Diese werden in einem weiteren Beitrag abgehandelt.

Wenn das Pferd gegen den Zügel oder die Hand geht


Wir haben hier ein Pferd, dass den Kampf noch nicht ganz aufgegeben hat. Es wehrt sich noch gegen die Einwirkung. Diese Pferde sind dadurch für mich einfacher zu korrigieren. Sie sind immerhin noch bereit zur Kommunikation.

Biomechanische Grundgedanken
Was passiert im Pferdekörper, wenn das Pferd nach vorne/oben mit Kopf und Hals geht?
Die obere (dorsale) Muskelkette ist bei diesen Pferden angespannt, also verkürzt. Normalweise soll sich diese Muskelkette dehnen. Die untere (ventrale) Muskelkette und die Muskeln des Bauches sind gedehnt. Diese sollen eigentlich anspannen und von unten stützen (vgl. Beitrag Muskelketten). Das Pferd arbeitet also umgekehrt zum eigentlich erwünschten biomechanischen Hintergrund. Daraus ergeben sich häufig auch Auswirkungen auf das Skelett. Die Wirbelsäule befinden sich in einer sog. Extensionsblockierung (Wirbel biegen sich vermehrt nach unten durch) besonders im Bereich Halswirbel und Brustwirbel. Bei einigen Abschnitten ist die Extension physiologisch normal, aber in einem anderen Ausmaß. Gerade im Bereich der Brustwirbel können dann durch die langen Dornfortsätze oben auf den Wirbeln eine Annäherung oder Berührung dieser Dornfortsätze entstehen. Ihr kennt das sicherlich unter dem Begriff "Kissing Spines".

Verlauf der Pferdewirbelsäule
Quelle:
Hertsch, Anatomie des Pferdes, 3. Aufl.2000


Kissing Spines an den oberen Dornfortsätzen 

Pferde werden da meistens erst berührungsempfindlich. Zuerst kommt es zu einem entzündlichen Prozess. Wird die Haltung des Pferdes nicht korrigiert, kann es schnell zu Verknöcherungen an den Dornfortsätzen kommen. Die Beweglichkeit ist dann dauerhaft eingeschränkt. Das hat dann Auswirkungen auf das komplette Aufwölben der Wirbelsäule, da es im Verknöcherten Bereich nicht möglich ist. Das Pferd muss die Wirbel aber korrekt aufwölben, um den Reiter richtig zu "tragen".
Es gibt aber auch Fälle von "Kissing Spines", wo keine Symptome aufgefallen sind. Darauf sollte man aber nicht vertrauen.

Weitere Auswirkungen dieser Kopf/Hals Position sind auch ein "tiefer" Übergang zwischen Hals- und Brustwirbel (CTÜ). Dieser liegt, grob gesagt, zwischen den Vorderbeinen. Auch hier spricht man von einer Extensionsblockierung. In diesem Bereich verlaufen wieder viele Muskeln, die zum Schultergürtel gehören. Der Schultergürtel ist die muskuläre Aufhängung der Vorderbeine an dem Rumpf. Pferde haben kein Schlüsselbein. Dieser Schultergürtel ist u.a. auch ein wichtiger Stossdämpfer für das Pferd. Er funktioniert wie eine Art Hängematte und federt den Rumpf ab. Besonders wichtig beim Springen und anderen Bewegungen, bei denen die Vorhand vermehrt Last tragen muss. So wird viel Gewicht abgefedert und es landet weniger auf den Gelenken der Vordergliedmaßen. Ist die Muskulatur des Schultergürtel fest, dann kann sie dieses Abfedern nicht genügend übernehmen. Die Kraft aus dem Auffangen der Bewegung geht vermehrt auf die Gelenke und Muskeln der Vorhand. Hier entsteht eine typische Überlastung. Das führt dann zu frühzeitigen Verschleiß, sporadischen Lahmheiten, chronischen Sehnenproblemen usw.

Auf den hinteren Bereich des Pferdes hat diese Haltung natürlich auch Auswirkungen. Durch das Verkürzen der oberen Muskelkette wird das weit unter dem Schwerpunkt fußen verhindert. Das Kreuzbein beugt nicht richtig, die Hinterbeine schwingen mehr nach hinten raus. Die Streckmuskulatur der Hinterbeine ist fest und hyperton. Hat also eine unnatürlich hohe Muskelspannung. Dadurch kommt es meist zu Blockierungen im Bereich der Lumbosakral- und Iliosakralgelenke. Das Lumbosakralgelenk befindet sich zwischen letzten Lendenwirbel und 1. Kreuzwirbel, bei Pferden häufig als "Loch" erkennbar. Ist dieses "Loch" größer, liegt höchstwahrscheinlich eine Blockierung vor. Die Iliosakralgelenke (ISG), auch Kreuzdarmbeingelenke genannt, sind die Verbindung zwischen Kreuzbein und Becken. Beide Regionen sind für die Beweglichkeit des Pferdes in der Hinterhand äußerst wichtig. Der weitere Verlauf der Streckmuskulatur der Hinterbeine geht über in die Zehenbeuger. Diese enden als oberflächliche und tiefe Beugesehne unten am Pferdebein. Auch hier muss man wieder den ganzheitlichen Zusammenhang sehen. Sind die Muskeln zu den Beugesehnen in Dauerspannung, dann hat das auch Auswirkungen auf die dazugehörigen Sehnen der Hinterhand. Durch die dauernde Spannung des Muskels kann dieser nicht mehr nachgeben und die Spannung wird direkt an die Sehne weiter gegeben. Diese ist aber nicht so dehnbar wie ein Muskel. Wenn man das wieder weiterdenkt, dann kommt man dadurch u.a. auch zu Fehlstellungen im Huf und anderen Problemen. Der Muskel der oberflächlichen Beugesehne (m. flexor digitalis superficialis) ist u. a. auch an der "Spannsägenkonstruktion" beteiligt. Diese sorgt für eine gleichzeitige Bewegung von Knie- und Sprunggelenk. Ihr seht, es ist ein sehr tiefgehendes Problem.

unterer Abschnitt der Gliedmaßen


Korrekturmöglichkeiten
Grundsätzlich muss man hier zu der Korrektur nicht viel sagen. Es geht hauptsächlich darum, dass Pferd wieder geschmeidig zu machen. 
Bei den Anlehnungfehlern "gegen den Zügel" und "über den Zügel" könnt ihr erst einmal so starten, wie ich es im 1. Teil beschrieben habe. Diese Pferde haben keine Angst vor der Anlehnung. Sie kämpfen noch dagegen an. Das Problem ist nur, dass sich ihre Muskulatur entsprechend falsch entwickelt hat. Diese Muskeln müssen geschmeidig und beweglich gemacht werden. Häufig fehlt den Pferden das Gleichgewicht. Ihre natürliche Schiefe kann sich verstärkt haben und sie fallen stark auf eine Schulter (händige Schulter). Am Boden gearbeitet, muss das Pferd den Reiter nicht noch zusätzlich ausbalancieren. Außerdem könnt ihr durch gezielten kurzen Druck mit der Hand auf das Schulterblatt des Pferdes das Gleichgewicht wieder verbessern. Dabei solltet ihr genau in dem Moment mit Druck der Hand gegen die Schulter einwirken, wenn das Pferd mit dem Vorderbein, zu dem die Schulter gehört, abfußt. So könnt ihr das gerade Vorführen des Beines in die richtige Richtung leiten. Aber Achtung, drückt ihr zu lange, lehnt das Pferd sich wieder gegen euch. Wenn ihr dabei gleichzeitig eine leichte Biegung im Hals zu euch fragt, kann das Pferd sich einfacher auf das gegenüberliegende Vorderbein lehnen. Auch hier achtet ihr immer auf eine gleichmäßige Verbindung des äußeren Zügels.
Ihr beginnt die Biegeübungen zuerst im Halt und macht dann im Schritt weiter. Dabei dürft ihr ganz häufig Übergänge zum Halt einbauen. Das aktiviert zusätzlich die Bauchmuskeln. Wenn ihr gut zu Fuß seid, dürft ihr auch im Trab weitermachen und Übergänge zwischen Schritt, Trab, Halt und Rückwärtsrichten erarbeiten. dabei ganz viel auf gebogenen Linien arbeiten. Auch auf der geraden Linie könnt ihr das Pferd immer wieder biegen um so ein vermehrtes Runden des Halses zu bekommen. Spätestens dann, wenn das Pferd wieder vermehrt über den oder gegen den Zügel kommt. Arbeitet mit häufigen Richtungswechseln um die Muskulatur nicht zu ermüden.
Auch vom Sattel aus arbeitet ihr viel mit einer Längsbiegung des Pferdes. Häufige Wechsel zwischen geraden und gebogenen Linien schulen das Gleichgewicht. Jedes Mal, wenn das Pferd über den Zügel kommen möchte, fordert ihr es zu Biegung auf. Später sind auch Übungen im Schulterherein sehr sinnvoll, da dadurch die Vorhand nochmals vermehrt aktiviert wird und die Hinterhand geschmeidigt wird. Dabei könnt ihr auch auf gerader Linie mit einer vermehrten Abstellung oder auf gebogener Linie arbeiten.
Unterstützend könnt ihr die Hals- und Kruppenmuskulatur massieren um eine Aktivierung und verbesserte Durchblutung zu erreichen. Dabei aber nicht mehr als 2-3 x pro Woche massieren. Auch Pferde bekommen durch Massage Muskelkater. Die Bauchmuskeln aktiviert ihr durch eine sanftere Massage. Zusätzlich könnt ihr im Anschluss noch den Rücken aufwölben indem ihr von hinten nach vorne mit der Fingerkuppe an der Bauchnaht entlanggeht.


Was passiert dabei im Pferd?
Die Muskeln werden durch die geforderte Bewegung geschmeidiger und können ihre normale Arbeit verrichten. Ein stetiges Arbeiten in Verkürzung und Dehnung sorgt für eine gute Durchblutung des Muskels und zu einem Aufbau. Die verkürzten Muskeln werden wieder aktiviert. Einem Pferd fällt die Biegung in einer tieferen Haltung leichter. Dadurch wird es auch vermehrt die Dehnungshaltung suchen.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Wie erarbeite ich eine korrekte Anlehnung und Beizäumung? Teil 1

So, ich habe geschrieben, wie es nicht aussehen soll und in dem Beitrag "Was ist Senkrecht" schon mal eine kurze Info darüber, wie es aussehen soll mit der Beizäumung und Anlehnung. Beim Schreiben dieses Beitrags habe ich aber festgestellt, dass er sehr lang wird, wenn ich es detailliert mache. Also wird der Beitrag aufgeteilt in die Arbeit mit dem jungen Pferd und dem Korrekturpferd mit Anlehnungsproblemen.
Bitte benutzt keine Hilfszügel, um die Anlehnung oder Beizäumung zu erarbeiten. Sie werden auch nicht reell helfen sondern eher Probleme schaffen. Gute Ausbildung dauert einfach seine Zeit. Der Körper des Pferdes muss sich entwickeln und umformen. Dieser Prozess dauert viele Monate.

Nun erläutere ich euch, wie ich die Anlehnung und Beizäumung erarbeite. Fassen wir noch mal zusammen, was ich bisher darüber geschrieben habe:
- die Nasenlinie darf einen Winkel von 90° zum Boden nicht überschreiten, also Senkrecht
- die korrekte liegt zwischen 1 Handbreit vor der Senkrechten bis maximal Senkrecht
- der Reiter darf dafür keinen Zwang, Druck oder irgend eine andere Form der Kraft benutzen
- die Hinterhand muß aktiv nach vorne fußen, sonst dehnt sich die dorsale Muskelkette nicht
- die ventrale Muskelkette muß sich aktiv anspannen

Bei jeder Übung oder Einwirkung auf das Pferd solltet ihr euch folgendes fragen: "Was lernt das Pferd in diesem Moment und was hat es am Ende der Übung gelernt?"

Das junge Pferd
Bei einem jungen Pferd haben wir 2 große Faktoren, die vom Reiter/Ausbilder berücksichtigt werden müssen:
1. es kennt die Hilfen noch nicht
2. die Muskeln sind noch nicht im Training, es ermüdet schnell
Zusammengefasst heißt das: wir brauchen Zeit und arbeiten in kleinen Schritten.

Als ersten Schritt müssen wir mit dem Pferd auf einer gleichen Kommunikationsebene sein. Da wir unsere Hilfen/unsere Sprache benutzen möchten, müssen wir sie dem Pferd erklären. Wie sagte mal einer meiner Trainer bei einer Fortbildung: "Wenn ich einem Chinesen das Tanzen beibringen möchte, muss ich erst einmal chinesisch lernen!". Um eine Sprache zu vermitteln, wird von einzelnen Wörter zu kleinen Sätzen gelehrt. Daraus werden dann ganze Absätze. Für ein Pferd gilt, dass es erst einmal die Bedeutung des Gebisses im Maul kennen muss, bevor es sich mir Reiter durch die Bahn bewegt. Wir verhindern durch das behutsame Heranführen an das Gebiss auch eine Verspannung im Maul und somit der ventralen Muskelkette. Für diese ersten Schritte gibt es in der altklassischen Lehre verschiedene Abkauübungen vom Boden.

Basisübungen
Der Reiter steht vor seinem Pferd. Das Pferd hat zum ersten Mal eine Trense drauf.
Dabei greift der Reiter von vorne sanft in die Trensenringe und hält Kontakt. Achtet darauf, dass ihr nicht direkt mit eurem Kopf über dem des Pferdes seid. Wenn es seinen Kopf hochreißt, ist euer Kinn oder die Nase evtl. hin. Durch ein vorsichtiges Bewegen der Ringe Richtung Maulwinkel wird eine Bewegung des Gebisses im Maul ausgelöst, was ein Spielen zwischen Gebiss und Zunge verursacht. So löst sich die Spannung im Unterkiefer. Der Reiter nimmt die Ringe nur für einen kleinen Moment hoch und dann sofort wieder runter evtl. mehrfach wiederholen wenn das Pferd sich im Maul nicht lockern möchte. Beginnt das Pferd zu spielen, dann ist es wichtig, einen sanften und gleichmäßigen Kontakt beizubehalten. So erfährt das Pferd etwas über die Anlehnung an das Gebiss. Ihr haltet dem Pferd das Gebiss sozusagen hin. Dabei darf das Pferd nie in eine Haltung gezwungen werden. Dieses Spielen mit Anlehnung wird ein paar Sekunden gemacht, dann darf das Pferd pausieren. Dabei läßt der Reiter die Zügel los. Das Ganze dann mehrfach wiederholen. Das kurzfristige Öffnen des Maules am Anfang ist dabei normal. Es legt sich das Gebiss im Maul zurecht und benötigt noch Platz. Es wird später weniger, da das Pferd mit dem Umgang des Gebisses geschickter wird. Sollte das Pferd das Maul zu stark öffnen, dann weniger und vorsichtiger einwirken. Diese Basisübung sollte zur Angewöhnung an das Gebiss immer wieder gemacht werden. Voraussetzung ist auch ein sehr lockeres Reithalfter. Ich empfehle auch, den Sperriemen zu entfernen.
Foto: privat
Einwirkung Richtung Maulwinkel

Als nächste Übung erklären wir dem Pferd den Zusammenhang zwischen inneren und äußeren Zügel. Der innere sorgt für Biegung, der äußere begrenzt diese, hält die äußere Schulter im Gleichgewicht und ist später für die Genickbeugung zuständig. Der innere Zügel darf niemals stärker als der äußere Zügel einwirken. Für diese Übung stellen wir uns seitlich auf Höhe des mittleren Halsabschnitt. Ein Zügel über den Widerrist (wird innerer Zügel), an dem anderen Zügel fassen wir wieder leicht in den Trensenring. Am besten nur mit dem Zeigefinger. Die restlichen Finger sollten die Zügel umschließen, da sie sonst gerne am Kopf des Pferdes rumbohren. Der Zeigefinger hält Kontakt zum Trensenring. Die Hand mit dem inneren Zügel fast diesen sanft fixiert mit Daumen und Zeigefinger und sucht nun auch Kontakt. Die Hand ruht dabei auf der Schulter des Pferdes. Die entstehende Zügelschlaufe lasst ihr runtergleiten. Ist sie zu lang, nehmt ihr sie zur Vermeidung von Unfällen, in die Hand an der Schulter auf. Mit dem Zeigefinger am Trensenring könnt ihr durch sanftes bewegen wieder ein Spielen auslösen. Dabei solltet ihr darauf achten, dass die Bewegung nicht rückwärts ausgeführt wird. Das ist schmerzhaft für das Pferd. Ideal ist etwas Richtung Maulwinkel. Das kennt euer Pferd schon aus der ersten Übung.
Um nun die Biegung auszulösen, achtet ihr zuerst auf ein gleichmäßige Verbindung an eurem Trensenring und dem inneren Zügel. Der innere Zügel darf ja nicht stärker als der äußere sein. Also muss der äußere Zügel zuerst kontrollieren. Nun geht ihr mit der Hand an der Schulter abwärts zum Boden und biegt das Pferd von euch weg. Dabei laßt ihr den Arm schwer werden, nicht ziehen. Die Hand am Trensenring begleitet die Bewegung entsprechend der Stärke der Biegung. Es ist ab einer gewissen Biegung erforderlich, dass ihr euch mit herum bewegt. Die Stärke der Biegung dürft ihr zu Beginn nicht zu weit verlangen. Es ist etwas Neues für das Pferd, sich durch eine Einwirkung zu biegen. 45° reichen als Maximum zu Beginn aus. Später dürft ihr im Halten auch bis 90° biegen.  Durch den Kontakt am Trensenring könnt ihr schon mal das Genick vorsichtig kontrollieren, indem ihr auf eine gute Verbindung achtet. Gut bedeutet: mitgehen und beweglich in euren Handgelenken bleiben. Der äußere Zügel kontrolliert auch die Höhe der Kopf/Halshaltung.
Foto: privat
Biegung  (fast 90°) und Spielen mit dem Gebiss verlangen

Das Biegen ist in einer tieferen Haltung leichter aber weniger effektiv, da sich dann eine Drehung im Hals gibt und die Muskeln weniger anspannen und dehnen. Am Ende der Biegung könnt ihr das Pferd für 2-3 Sekunden halten und dann beide Zügel gleichzeitig loslassen. So bekommt das Pferd eine Pause als Belohnung. Diese Übung führt ihr dann auf der anderen Seite des Pferdes aus. Wechselt die Biegung immer ab. Achtet immer darauf, dass eure Arme locker aus den Schultern hängen. Nur so könnt ihr auch sanft einwirken. Nach einigen Übungseinheiten könnt ihr durch eine verlängerte Begrenzung am äußeren Zügel vermehrte Genickbeugung (Beizäumung) beim Pferd erfragen. Dafür wartet ihr etwas, bevor ihr die Biegung begleitet. Das Spielen mit dem Gebiss ist hier besonders wichtig. Das Pferd darf die Genickbeugung auch nicht selbst erzeugen. So bringt ihr ihm zum einen eine falsche Reaktion auf eure Zügelhilfe bei (Biegen heißt nicht Genickbeugung!) zum anderen erzieht ihr es zum Vermeiden der Zügelhilfen. Es bewegt sich jedesmal nach hinten ohne Aufforderung. Probiert das Pferd das aus, dann bewegt ihr der Trensenring sofort nach vorne Richtung Oberkiefer. So "öffnet" ihr das Genick wieder und die Nase kommt vor die Senkrechte. Das macht ihr auch so, wenn die Genickbeugung zu stark war. Denkt beim Genickbeugen daran, dass die kleinen Kopfgelenksmuskeln wenig Kraft haben. Also vorsichtig und kurz die Genickbeugung fragen, dann pausieren. Die Steigerung geschieht über viele Wochen und wird durch häufiges Verändern der Haltung begleitet.
Verwirft sich das Pferd, habt ihr innen zu stark eingewirkt. Auch können Blockierungen im Hals ein Verwerfen auslösen. Überprüft noch mal eure Einwirkung.

Was passiert im Pferd?
Da wir am Boden arbeiten, muss das Pferd sich nicht noch zusätzlich mit dem Reitergewicht ausbalancieren. Das verringert den Stress (Sympathikus bleibt unten). Es kann in Ruhe die Einwirkungen auf das fremde Teil im Maul wahrnehmen und versuchen zu verstehen.
Wenn ein junges Pferd ungewohntes Gewicht auf den Rücken bekommt, ist seine natürliche Reaktion: Im Rücken hohl machen, Kopf und Hals hochnehmen. Die beiden wichtigen Muskelketten arbeiten entgegengesetzt zu dem, was sie sollen. Das wird auf jeden Fall passieren, wenn sich der Reiter auf das Pferd begibt. Wir müssen uns also vorher klar machen, wie wir dagegen angehen können ohne das Pferd in seiner Haltung zu fixieren und es zu zwingen. Das würde dann die Anlehnungsfehler provozieren.
Wir müssen die Muskeln also geschmeidig machen, damit wir von Beginn an dem Hohl machen entgegenwirken können. Die Muskeln des Halses sind für das Heben (obere Muskeln), das Runterziehen (untere Muskeln) sowie das Biegen von Kopf und Hals zuständig. Je nachdem an welchem seiner Enden oder beiden Enden der Muskel festgestellt wird. Der Muskel kann aber nur eine Funktion zur Zeit ausführen.
Durch das Biegen des Halses erreichen wir jeweils ein Dehnen der Muskeln auf der äußeren Seite und ein Anspannen auf der inneren Seite. So machen wir das Pferd seitlich beweglich. Durch die ausgelöste Biegung später unter dem Reiter muss das Pferd seine untere Halsmuskulatur aus der Verspannung lösen und positiv anspannen sowie die obere dehnen. Zusätzlich habe ich ja schon erwähnt, dass Biegung in tieferer Position einfacher ist. Das nutzen wir dann um daraus eine gedehnte Position zu erarbeiten. Die Verbindung über die Muskelketten läßt die Biegung, soweit anatomisch möglich, über die gesamte Längsachse des Pferdes gehen.
Das Spielen mit dem Gebiss sorgt durch die Muskelansätze von vielen unteren Halsmuskeln z.B. am Unterkiefer  für eine Bewegung des Unterkiefers. Dadurch ergibt sich gleichzeitig eine Bewegung in diesen Muskeln. Das verhindert zusätzlich ein Verspannen der ventralen Muskelkette, aktiviert diese aber. So ist das Pferd in der Lage, seinen hohl gemachten Rücken wieder aufzuwölben.
Dadurch, dass die Zunge sich locker im Maul bewegt oder ohne Anspannung im Maul ruht, ist auch das Zungenbein nicht verkantet. Am Zungenbein setzen viele Muskeln an, die u.a. zum Brustbein des Pferdes führen. Das Brustbein ist das eine Ende des Brustkorbes und somit für die ersten Brustwirbel. Ziehen hier die Muskeln unnatürlich, dann senkt sich der Brustkorb ab und damit auch die ersten Brustwirbel. Das wiederum sorgt für durch seine muskuläre Verbindung (Schultergürtel) zum Rücken für ein Absenken. Da wir die Zunge aber locker halten und nicht im Maul rumziehen, passiert das nicht. Ich werde noch einen detaillierten Bericht zum Thema Schultergürtel machen. Da könnt ihr dann genau nachlesen.

Nächste Schritte
Foto: privat
leichte Biegung in etwas höherer Position
Wenn diese Übungen im Stand gut funktionieren, dann könnt ihr sie auch in der Bewegung an der Hand ausführen. Dazu werden die Positionen von äußerem und inneren Zügel aber getauscht und ihr biegt das Pferd zu euch hin. Die Hand am Trensenring hat dann den inneren, die an der Schulter den äußeren Zügel. So könnt ihr euch auf dem Platz in geraden und gebogenen Linien bewegen. Geht aber auch da vom einfachen zum schweren vor. Eine gute Abfolge ist immer Volten und danach geradeaus am Hufschlag entlang zu kombinieren. Das könnt ihr dann auch in den ersten Einheiten unter dem Sattel so machen. Das kennt das Pferd dann bereits und es fürchtet sich nicht.
Foto: privat
An der Hand in Dehnung


Wenn ihr das Pferd reiten wollt, dann gewöhnt ihr es ja erst so an den Reiter und laßt es von einem Helfer führen. Dabei könnt ihr dann sanft die Zügel aufnehmen und den Kontakt aus der ersten Basisübung aufnehmen. Wenn es dann irgendwann ohne Helfer geht, müßt ihr vorweg noch die Biegung von oben in eure Erläuterung der Hilfen einbauen. Das macht ihr entsprechend zuerst im Halten. Das Pferd kennt diese Übung vom Boden. Wenn das klappt, macht ihr im Schritt mit den Volten und dem Geradeaus weiter. Die Genickbeugung kontrolliert ihr vom ersten Moment schon sanft über den äußeren Zügel. Mit der Zeit könnt ihr sie mehr fordern. Kommt das Pferd nach oben raus und über den Zügel, dann korrigiert ihr es über diese Biegung. Dann später auch auf anderen Linien arbeiten und die anderen Gangarten dazunehmen.
So erarbeitet ihr euch eine korrekte Anlehnung und Beizäumung bei einem jungen Pferd. Ihr sorgt für euer behutsames Vorgehen auch für Vertrauen und Entspannung. Auf diesem Weg habe ich schon viele junge Pferde ausgebildet. Bisher gab es da keine Probleme. Bei einem Korrekturpferd geht ihr am Boden auch erst einmal so vor. Dazu kommen dann noch andere Maßnahmen um das Problem zu beheben.

Foto: privat
korrekte Anlehnung und Beizäumung in Selbsthaltung
Schlußfolgerung
Man muss sich darüber im klaren sein, dass ein junges Pferd für die Entwicklung der Muskulatur und dem Verstehen der Hilfen Zeit braucht. Neben diesem Faktor ist noch ein anderer sehr wichtig, den viele Reiter nicht haben. Das ist die Geduld! Es hilft in der Ausbildung des Pferdes nicht, mit irgendwelchen Zwangsmitteln das Pferd in eine Haltung zu pressen. Ich habe in anderen Beiträgen bereits erläutert, dass die Kopfgelenksmuskeln nicht für statisch haltende Arbeit geschaffen ist. Genau das fordern wir aber, wenn wir mit Hilfszügeln arbeiten. Nichts ist so beweglich wie die direkte Einwirkung über den Reiter. Sofern sie locker ausgeführt wird.
Um eine korrekte und verständliche Anlehnung zu erarbeiten, machen wir uns die Funktion der Muskeln zunutze. Über das Biegen des Pferdes können wir es geschmeidig machen und die Haltung korrigieren. Die Anlehnung wird mit fortschreitender Ausbildung verbessert und gefestigt. Je mehr das Pferd diese Anlehnung zwischen Maul und Reiterhand akzeptiert, desto mehr können wir die Beizäumung, das Beugen des Genicks, verlangen. Fehler in der Reaktion des Pferdes müssen auf jeden Fall sofort korrigiert werden. Jede Bewegung, die das Pferd macht, wird im Unterbewußtsein gespeichert. Damit auch die falschen Haltungen oder Reaktionen auf eine Aufforderung. Wird nichts korrigiert, ist es für das Pferd richtig. Aber warum sollten wir dem Pferd die Fehler erst erlauben? Denkt einmal darüber nach.
Es gibt sicherlich auch andere gute Wege, dem Pferd die Anlehnung und Beizäumung beizubringen. Dies ist mein Weg.